Es ist der 11. November. Heute ist er da, der Tag, an dem die Reise losgeht. Ich habe mich noch nie so sicher gefühlt. Es ist ein Abenteuer.
Eine Reise, von der ich bisher nur wenig geplant habe und doch habe ich so viel, auf das ich zurück greifen kann. Einen ganzen Sack an Erfahrungen, die mir das Fortbewegen und Leben auf diese Art ermöglichen. Ohne Angst. Voller Vorfreude auf das, was ich erleben werde. Was auch immer das sein wird …
Meine Reise hat begonnen. Von Kopf bis Fuß spüre ich Abenteuerlust in mir, und doch ist etwas anders als früher, wenn ich unterwegs war. Ich habe nicht das Gefühl, irgendetwas zu suchen, denn alles, was ich mir für mein Leben wünsche, ist da! Ich bin erfüllt. Glücklich. Reich beschenkt. Warum ich diese Reise unternehme? Um zu lernen. Um bereits Gelerntes, Erkenntnisse aus den vergangenen intensiven Jahren nun in einer neuen Situation zu erproben, mich zu stärken, wieder mehr nach außen zu gehen, und natürlich auch, mit vielen Geschichten und einem Film im Gepäck zurück zu kommen.
Von Österreich aus geht es mit dem Zug nach Paris, von dort aus zur spanischen Grenzen und weiter mit dem Nachtzug nach Lissabon. Lissabon. Hier am Río Tejo vermischt sich der Fluss bereits mit dem Atlantik. Die Kraft des Wassers zieht richtiggehend hinaus, hinaus aufs weite Meer, hinaus in andere Welten, hinaus ins Unbekannte. Dieser Zauber, dieser Kraft, die ließ nicht nur den Fado, diese Musik der Sehnsucht entstehen, sondern auch Abenteurer, die sich dem Sog gar nicht erst widersetzen wollten sondern ihm folgten. Das ist der Geist von Lissabon. Damals wie heute. Schon bei meinen früheren Besuchen hat mich dieser Geist fasziniert, und diesmal bin ich Teil davon!
Was mache ich zwei Tage in Lissabon? Kraft sammeln, Momentum für den Augenblick, da das Schiff ablegt. Und die werde ich brauchen, denn kurz vor der Abreise steigt das Lampenfieber wie vor einer Premiere!
Cascais liegt ca. 40 Minuten westlich von Lissabon an der Küste. Von hier geht es los. Aus meinem Hostel gehe ich hinunter zu Marina, just als die „SV Tres Hombres“ näher kommt. Was für ein Anblick! Ich jauchze laut auf, nicht nur innerlich. Springe aufgeregt wie ein kleines Kind auf und ab und kann es kaum fassen, dass ich Teil dieser Piraten-Crew sein werde. Die Tres Hombres ankert etwas weiter draußen, und so hüpfe ich mit meinem Rucksack, dem Kapitän – oder Skipper, wie er lieber genannt wird – und dem 1. Offizier ins Dingy, ein kleines Motorboot, und sause zum Schiff. Mehrere Tage habe ich Zeit, um mich an das Schiff zu gewöhnen, denn es gibt noch viel zu tun, Lebensmittel zu kaufen, die Wassertanks zu füllen, … so viel zu tun auf so einem derartigen Boot. Ich bin recht froh darüber, auch die anderen so kennen zu lernen, mich an das Boot zu gewöhnen, an das ständige Schaukeln, nach und nach die Namen der Segel und Leinen zu lernen. Und trotzdem: am Tag der Abreise bin ich drauf und dran, doch an Land zu gehen und der Mannschaft von Land aus Lebewohl zu winken…